Lebenspartner. Eheleute. Geschäftspartner. Kooperationsteams. Mieter und Vermieter. Käufer und Verkäufer. Und eben auch Mitarbeiter und Chef - sie alle finden für eine Zeit zusammen. Und trennen sich wieder, wenn es einfach nicht mehr passt. Kommt in den besten Unternehmen und Familien vor. Weil Menschen und Umfeld sich verändern.
Dabei gilt in allen Fällen: Trennung oder Kündigung tun weh. Sie geschehen meist nur einseitig gewollt – und lassen den anderen verletzt, gekränkt oder wütend zurück.
Doch warum ist das so?
Warum wir verbrannte Erde hinterlassen
Zu einer Trennung gehören immer zwei. Beide Parteien haben ihren Anteil daran, dass es zur Trennung kam. Immer. Doch viel zu viele wollen oder können ihren Eigenanteil nicht sehen.
Dabei ist es doch ein Zeichen mangelnder Größe, schlecht über die Ex-Kollegen (vom Mitarbeiter bis zum Chef) zu reden. Denn erstens macht das meine hohe emotionale Verletzung für viele andere erkennbar und zweitens spreche ich damit immer auch schlecht über mich selbst.
Denn in der Vergangenheit habe ich selbst ja den "Fehler" gemacht, mich für diese Person oder Position zu entscheiden. Ich fand sie mal richtig gut und habe an sie geglaubt. Jetzt bin ich "enttäuscht" - und damit eben emotional verletzt.
Mitarbeiter kommen ... wegen der Perspektiven einer Position.
Mitarbeiter bleiben ... wegen des Teams.
Mitarbeiter gehen ... wegen schlechter Führung.
Diese Enttäuschung bahnt sich in zu vielen Fällen ihren Weg, indem sie nach billiger Rache trachtet. Das bedeutet: Ich will die andere Person oder das Unternehmen verletzen und Schaden zufügen. Weil ich eben so maßlos verletzt bin.
Doch führt es wirklich zur Heilung meiner Verletzung, wenn ich sehr viel Energie investiere, um herauszufinden, wie ich dem Anderen so richtig nachhaltig schaden und ihn verletzen kann? Wenn ich dem anderen Dreck - beispielsweise in Form eines schlechten Zeugnisses oder einer Negativbewertung - hinterher schmeiße? Wenn mein Blick von meiner Wut verklärt ist, statt mit klaren Gedanken und lösungsorientiertem Denken erfüllt zu sein?
Nachtragen ist eine Dauerbelastung
Nachtragendsein ist energieraubend. Wer immer wieder nachschaut, was aus dem Ex-Partner, dem Ex-Mitarbeiter oder dem Ex-Unternehmen geworden ist – im Grunde, um schadenfreudig auf einen negativen Verlauf zu warten – hält seine Lebensenergie in der Vergangenheit. Er raubt sich selbst Lebensfreude. Rache ist bitter. Für beide Seiten.
Statt in die Zukunft zu schauen und Lösungen zu finden. Indem wir Menschen vergeben, die uns verletzt haben. Und dann loslassen können. Einen Punkt setzen und keinerlei wertvolle Energie mehr in dieses „alte“ Thema investieren.
Werfen wir einen Blick zurück an den Anfang ...
Kehren wir zurück an den Beginn unserer Beziehung. Wir lernten einander kennen und sahen in dem jeweils anderen einen Hoffnungsträger. Jemanden, der uns etwas gibt, was uns bisher gefehlt hat. Im Geschäftsleben sind das von Chefseite meist eine motivierte Arbeitskraft mit benötigten besonderen Kompetenzen und von Mitarbeiterseite ein sicherer Arbeitsplatz mit attraktiven Perspektiven und wertschätzendem Umgang.
Lange Zeit klappte es beim Miteinander gut. Bis sich erste Meinungsverschiedenheiten oder besondere Situationen einstellen. Das können Dinge auf persönlicher Ebene (beispielsweise andere Ansichten oder Ziele, fehlende Wertschätzung oder kleine Verletzungen) sein, doch auch sachliche Veränderungen (Heirat, Kinder, neues Projekt, pflegebedürftige Eltern, Krankheit und mehr ...) sein. Sie führen zu zunehmenden Dissonanzen. Vor allem, wenn nicht frühzeitig und offen darüber gesprochen wird.
Plötzlich schaue ich dann genauer hin und entdecke immer mehr negative Dinge. Ich spinne Gedanken, wie ich diesem "Fehlverhalten" aus meiner Sicht begegnen kann. Ich entwickle erst Widerwillen und später Zorn.
Irgendwann sehe ich für mich klar: Es steht eine Trennung oder Kündigung an.
Es kann allerdings auch sein, dass der andere mir zuerst den Stuhl vor die Türe stellt. Einfach, weil er sich schneller entschieden hat, weil sein Leidensdruck größer war.
Insbesondere im zweiten Fall bin ich in der passiven Opferrolle. Vor allem dann, wenn ich alle gegebenen Zeichen zuvor munter "übersehen" habe. Da entscheidet dann ein anderer über mich und das macht mich ... wütend. Ich will mich dafür rächen ... um mit gutem Gefühl aus der Sache rauszukommen. Kommunikation ist immer eine Machtspiel und ich will MIR meine Stärke zurückholen.
Wer anderen schaden will, schadet sich selbst
Doch Achtung: Die Welt ist, gerade in der heutigen, eng vernetzten, Zeit sehr klein geworden. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir einander - spätestens "online" - mal erneut über den Weg laufen, wächst.
Spinne den Gedanken mal weiter: Wie wäre es, wenn wir uns dann wertschätzend auf Augenhöhe begegnen könnten. Ohne einander gram zu sein oder die Vergangenheit erneut aufzuwärmen. In dem Bewusstsein, dass wir damals an der Trennung beide unseren Anteil hatten?
Kündigung – geht auch mit Stil
In einem Vorstellungsgepräch fragt nahezu jeder Arbeitgeber, warum ich beim letzten Job die Kündigung eingereicht oder bekommen haben. Wehe mir, wenn ich jetzt (zu) negativ über das Ex-Unternehmen spreche. Damit versaue ich mir die Chancen auf den neuen Job. Kein Personaler stellt gerne jemanden ein, der schlecht über den vorherigen Arbeitgeber spricht. Schließlich will er keinesfalls, dass er selbst irgendwann ein so schlechtes „Zeugnis“ bekommt. Kündigung - mit Respekt ist hier das Thema.
Umgekehrt tut sich ein Arbeitgeber keinen Gefallen, wenn er früheren Mitarbeitern „Dreck“ hinterherwirft. Das schadet der Unternehmenskultur - und wird binnen weniger Jahre zum Bumerang: Dann nämlich, wenn qualifizierte Mitarbeitende immer knapper werden. Stichwort #Fachkräftemangel.
Negative Nachrede zerstört alle Brücken, die auch künftig mal zurück ins Unternehmen führen könnten. Dank Bewertungsplattformen wie Kununu spricht sich eine negative Haltung extrem schnell herum - und das schadet dem eigenen Unternehmen extrem.
Emotionen raus, Wertschätzung rein
Ist der Punkt erreicht, an dem eine Trennung unvermeidlich scheint, weil alle Gesprächsversuche keine Früchte zeigten, brauche ich erwachsenes Verhalten. Es besteht darin, dass ich mich an die guten Zeiten zurückzuerinnern bereit bin. Dass ich den Willen habe zu sehen, was der Mitarbeitende/ Chef geleistet hat. Wann wir gemeinsam gelacht haben. Warum ich ihn eingestellt oder den Job angenommen habe. Rückblick auf "das Gute" im Schlechten. Denn das gab es ebenfalls immer.
Diese Sichtweise ermöglicht uns beiden eine Trennung auf Augenhöhe, ohne Verlierer zu hinterlassen. Wer eine saubere und faire Kultur der Trennung pflegt, der erhält sich die Option, irgendwann später mal wieder „zusammenzukommen“.
Weil eben keine Giftpfeile mehr im Pelz hängen, die nachhaltig wehtun. Weil eine Augenhöhe erhalten bleibt, die einen Neustart ermöglicht. Und weil Menschen bereit sind, zu vergeben. Auf beiden Seiten.
Und wie kriege ich das nun als künftiger Ex-Arbeitgeber hin?
1 Du bist selbst unsicher. Gehe dennoch offen mit der Situation um. Du darfst auch sagen, dass Du nervös bist. Denn diese Situation ist für keinen einfach. Zögere keinesfalls lange, sondern komme zur Sache. Lasse "bemühten" Smalltalk weg. Was ist Deine Kernbotschaft? Erläutere - mit ruhiger Stimme - die ausschlaggebenden Gründe. So sachlich, wie möglich. Vermeide alle Arten persönlicher Anschuldigungen und Verallgemeinerungen.
2 Plane etwa eine Stunde für das Gespräch ein. Die eigentliche Kündigung ist schnell ausgesprochen, doch die gemeinsame Verarbeitung braucht ihre Zeit und keiner der Gesprächspartner sollte dabei von Folgeterminen gehetzt werden.
3 Atme vor dem Termin selbst erst einmal durch. Sammele Dich. Sorge für die Dauer des Kündigungsgespräches für Ungestörtheit. Für diese Zeit hat der künftige Ex-Mitarbeiter Deine volle Aufmerksamkeit verdient.
4 Betone Deine ehrliche Wertschätzung für das, was der Gekündigte für das Unternehmen geleistet hat. Wertschätze seine positiven Seiten. Formuliere hier „persönlich“ und verantwortlich, statt mit Floskeln. Beispielsweise: „Ich werde Dir ein Zeugnis ausstellen, welches Dir den Neustart erleichtert“ statt: „Die Personalabteilung kümmert sich dann um Dein Zeugnis.“
5 Stimme Dich mit allen anderen Beteiligten über Kernbotschaft und Sprachregelung ab. Sie sollten immer gleich lauten, um weitere Verunsicherungen beim Gekündigten und den verbleibenden Kollegen zu vermeiden.
6 In dieser Situation rücken die „Rollen“ im Unternehmen in den Hintergrund, es begegnen sich zwei Menschen auf persönlicher Ebene. Im Idealfall geschieht das auf Augenhöhe.
7 Gib dem Gekündigten in jedem Fall – also auch bei fristloser Entlassung oder Freistellung – die Möglichkeit, sich kurz persönlich von den Kollegen zu verabschieden. So kann er/ sie das Gesicht wahren und einen sauberen Endpunkt setzen. Das schafft Transparenz für alle.
8 Bereite die Kündigung organisatorisch sauber vor – am Tag des Gespräches sollten alle Unterlagen (Outplacement, Sozialplan & Co., Beurteilungen u.a.) vorliegen. Im Idealfall kannst Du den bevorstehenden Weg für den zu Kündigenden schon so klar beschreiben, dass dieser in kein tiefes Loch fällt …
9 Kommuniziere auf Augenhöhe – der Andere ist oft geschockt und fühlt sich schon schlecht genug. Er ist in der „Opferrolle“, da passiv über ihn entschieden wurde. Vielleicht ist es gar erforderlich, dass Du die Kündigungsaussage mehrfach wiederholen musst, weil Dein Gegenüber im Schock kaum zuhören konnte. Halte Taschentücher bereit - auch "starke Männer" sind in diesem Moment schonmal emotional.
10 Die Entscheidung ist gefallen. Es macht in keiner Weise Sinn, rückblickend „dreckige Wäsche“ zu waschen. Das befriedigt vielleicht Dein Ego, doch es kostet unnötig Energie und führt zu genau .... nix. Schaue nach vorne, wie beide Seiten sinnvoll mit der neuen Situation umgehen können. Verabschiede Dich anständig von der Person, die Dir eben auch längere Zeit ein guter Partner war.
11 Unterstütze den Gekündigten bei der Neuorientierung. Schon diese Rückendeckung macht es ihm leichter, etwas Neues zu finden. Wenn Du selbst gekündigt hast, schlagen eventuell geeignete Nachfolger vor – aus internen oder externen Interessenten aus Deinem Umkreis.
12 Stelle Dich gedanklich in die Schuhe Deines Gegenübers: Was braucht der Andere gerade jetzt, um professionell und sachlich mit der Situation umzugehen, statt sich auf persönlicher Ebene betroffen zu fühlen?
13 Biete dem Gekündigten an, nach dem Gespräch eine Auszeit für den Rest des Tages zu nehmen, um sich klardenken zu können. Er darf genauso gerne im Unternehmen seinen Job weitermachen, wenn ihn das ablenkt. Bitte ihn im Gegenzug, eine saubere Übergabe an den Nachfolger zu gewährleisten.
14 Schlage keine unnötigen Türen zu – aus verletzter Eitelkeit. Ist der Andere erst einmal „aus dem Haus“, lässt sich die Lage kaum mehr entspannen. Biete daher an, auch nach der Trennung weiterhin als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen.
Was Du sonst noch tun kannst ...
A Biete dem Gekündigten an, Deine Kontakte spielen zu lassen: Vielleicht kannst Du ihmso eine neue Job-Chance vermitteln? Wenigstens zeigst Du damit, dass die Person es Dir wert ist, Dich für sie einzusetzen.
B Bietet Deine Firma „Outplacement“-Maßnahmen an? Wandeln einen Teil der Abfindung in ein Budget für Outplacement um und schaffe so für den Gekündigten einen echten Mehrwert.
C Vielleicht darf ein langjähriger Mitarbeiter von Deiner Personalabteilung ein professionell-konstruktives Feedback zu seinen Bewerbungsunterlagen für eine neue Position bekommen? Altgediente Kräfte kennen aktuelle Bewerbungsverfahren kaum und sind daher sehr dankbar, wenn Profis aus dem Nähkästchen plaudern, was bei Arbeitgebern heute gut ankommt.
D Halte (auch via social media) den Kontakt zum Gekündigten. So kannst Du auf sein Fachwissen in Notfällen zurückgreifen - oder ihn zu einem anderen Zeitpunkt erneut ansprechen. Wenn DU gute Bewerber suchst.
E Ein schlechtes Zeugnis … stellst Du immer auch Dir selbst aus. Denn wie bei einer Liebesbeziehung haben Du und der Gekündigte einander in der Vergangenheit ja durchaus beruflich nahegestanden. Formuliere daher in jedem Falle „wohlwollend“. Ein verantwortlicher neuer Arbeitgeber wird möglicherweise im persönlichen Telefonat mit Dir mehr erfahren wollen. Betone auch im Telefonat immer die guten Seiten - damit zeigst Du Dich fair und souverän.
F Gib Deinen Mitarbeitenden keinen Grund, "innerlich" zu kündigen. Führe sie mit Respekt und Augenhöhe. Sorge dafür, dass die Menschen sich so wohlfühlen, dass sie gerne für Dich und mit Dir arbeiten. Sprich frühzeitig darüber, wenn etwas geändert werden muss. Bevor zu viel Unmut aufkommt und die Veränderung zur echten Hürde wird.
G Bleib klar und Dir selber treu. Bist Du einmal zur Trennung entschlossen, dann bereite diese strukturiert vor. Bereite Dich auf Gegenargumente, Tränen und unangemessene Reaktionen vor und führe selbst starke Gründe an. Tritt niemals nach.
H Versetze Dich immer wieder in die Lage Deines Gegenübers. Was wäre für Dich in seiner Situation gerade JETZT wichtig? Was brauche er, um mutig nach vorne zu schauen? Wer könnte sie unterstützen? So kannst Du Deinem künftigen Ex-Mitarbeitenden oder Chef den Start in die neue Situation verständnisvoll und menschlich einfacher gestalten. Das ist gelebte Wertschätzung.